hier ein Reisebericht von Hartmut, der 2500km nach Norden fuhr, um dann dort 220km Ski zu laufen.
Vielen Dank dafür.
Abenteuer Nordenskiöldsloppett am 26.03.2022 Nach 2 Jahren Zwangspause stand ich mit 512 mehr oder weniger verrückten Langläufern am Start, um das längste Skirennen der Welt zu bestreiten. Nach 3 Tagen Anreise mit „Wild-Ost“ erreichten wir, etwas „eingerostet“ am 23. März den Polarkreis, um kurz darauf unser Reiseziel zu erreichen. Jokkmokk, die Hauptstadt der Sami, empfing uns mit Sonnenschein und milden Temperaturen. Die Wärme der letzten Tage hatte ganze Arbeit geleistet und zwang den Veranstalter die Strecke um 20 km zu kürzen, d.h. auf „nur 200 km“! Am Donnerstag inspizierten wir das Startgelände, welches sich auf einem See befindet. Dort stand das Wasser in großen Lachen auf dem Eis. Ratlos schauten wir uns um, wie soll das bloß funktionieren? Trotz allem ließen wir uns einen kleinen Trainingslauf auf den letzten 20 km in Richtung Ziel nicht nehmen, um die Bedingungen unterwegs zu erkunden. Der Freitag galt der direkten Wettkampfvorbereitung, also Startnummern abholen, Wetterbericht abfragen und fachsimpeln, Wachstipps austauschen oder doch nur glatt bügeln? Seit Mittag schneit es munter von oben. Auch das noch! Dann ging es ans Säcke packen. Was kommt in welchen Sack und was brauche ich an welcher Station? Die Nacht war kurz und 3:00 Uhr beendet. Das Frühstück will um diese Zeit nicht wirklich hinunter rutschen und die steigende Aufregung tut ihr übriges. Ein jeder in Gedanken versunken, sitzen wir um 4:00 Uhr im Bus auf dem Weg nach Purkijaur zum Startgelände. Der geplante Start wurde um eine halbe Stunde auf 5:30 verschoben, also nochmal von der Semmel abbeißen und an der Schlange vor den Dixie´s anstellen, was die steigende Anspannung einfordert. Mit dem Gewehrschuss eines Sami begann das Abenteuer über 200 km und ca. 2000 Höhenmetern durch die Weiten Lapplands, durch Wälder, über unzählige Seen, bis hin an den Rand der Norwegischen Fjells. Der Wind pfiff heftig von vorn und blies den feinen Neuschnee kräftig in die Spur. Die Stockspur hielt oft nicht und machte das Schieben um so schwerer. Mit Phillip Richter und Ronald Meusel im Team liefen wir bis zum Wendepunkt, um im Windschatten Kräfte zu sparen. Aller 15 km gibt es Verpflegungsstationen, an denen auch unsere Packsäcke vor Ort sind. Die Stimmung ist super, die Helfer sehr umsichtig und die Versorgung vielseitig, doch nach einigen Zwischenstops kann man manches nicht mehr sehen. Dann heißt es einfach nur, rein damit und schlucken. Schon vor der Wende begegnet man der Spitze, die mit flotten Stockschüben vorüberzieht. Das Feld hat sich längst auseinander gezogen und jeder kämpft für sich. Man sieht sich und grüßt sich beim Begegnen. Nach der Wende bei 89 km nahm jeder den Rückweg für sich in Angriff. Nun stellten sich die ersten Ermüdungserscheinungen ein. Doch das Ziel heißt: Ankommen! Also Kopf runter und weiter schieben, schieben, schieben! Nach 150 km schmerzt der Körper schon mächtig, um so wohltuender ist die Ablenkung durch das Umfeld. Bei Kaiserwetter und super Sicht konnte man den Blick über die Natur schweifen lassen. Die schneeweißen Fjells winkten in der Ferne und die Zeit für ein paar Fotos ist allemal drin. Ab Kilometer 180 wurde es sehr hart. Die Sonne war untergegangen und die Temperaturen fielen auf minus 10 Grad. Nun musste die Stirnlampe für Beleuchtung sorgen. Die Spur erscheint in diffusem Licht und man steht schon ziemlich wacklig auf den Beinen. In den Abfahrten schlotterte man vor Kälte und bei jedem Anstieg war man froh, dass die Anstrengung etwas Wärme brachte. In Jokkmokk angekommen, muss man erst mal am Ziel vorbei und wird die letzten 2 km um den See geschickt. Unter Anfeuerungsrufen kämpft man sich vorwärts. Die letzten Meter durch den Torbogen sind sehr emotional und bewegend: „Ich hab es geschafft!“ Völlig erschöpft, aber überglücklich erreiche ich nach 14:54:54 h das ersehnte Ziel. Bloß schnell warme Sachen an und endlich ausruhen. Unter der Dusche braucht es seine Zeit, um Aufzutauen. Nach dem Abendbrot und einem isotonischen Getränk mit Schaum wurde der greisenhafte Körper um Mitternacht ins Bett gehieft. Mit glattem Ski und ohne Steigwachs am Start wollte ich schauen, wie weit ich es im Doppelstockschub schaffen kann. Am Ende hab ich tatsächlich die gesamte Strecke schiebend absolviert. Meine zwei Begleiter, Phillip und Ronald, erreichten das Ziel in 14:10 h und 15:15 h. Am Lauftag „feierte“ Phillip seinen 23. Geburtstag, an den er sich sicher immer erinnern wird. Am Sonntag war die Beweglichkeit spürbar eingeschränkt, doch hielt es mich nicht davon ab, mit Sylvia eine kleine Skiwanderung durch den frisch verschneiten Wald zu machen. Und wer jetzt Lust bekommen hat, seine Grenzen einmal auszutesten, dem kann ich dieses Abenteuer nur empfehlen. Die Frage lautet für mich nun, sind aller guten Dinge 3 ?? Hartmut
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